Und das ist gar nicht mal unbedingt ein trotziger Kinderspruch, zu dem man im besten Falle noch mit dem Fuß aufstampft. Wer will schon etwas müssen… Also, ich nicht. Und wunderbarerweise muss ich das als Selbständige auch gar nicht. Darum verbanne ich jetzt das Wort „muss“ aus meinem Wortschatz:
Keiner muss irgendwas.
Alles, was ich tue oder lasse, ist meine ureigenste Entscheidung. Ich entscheide, ob ich etwas bei Facebook poste, einen Artikel schreibe, zum Sport gehe, fünf Kundentermine pro Tag habe, ob ich diesen einen Kunden zurückrufe. Alles, aber wirklich alles ist meine freie Entscheidung. Also kann ich statt „muss“ auch folgende Worte nutzen:
- Ich möchte noch einen Kunden zurückrufen.
- Ich werde noch einen Kunden zurückrufen.
- Ich rufe nachher noch einen Kunden zurück.
- Ich kann noch einen Kunden zurückrufen.
- Ich darf nachher noch einen Kunden zurückrufen.
Diese Formulierung hat einen ganz anderen Tenor als „Ich muss nachher noch einen Kunden zurückrufen“.
„Muss“ ist etwas, dass ich ungerne tue. Das ich eigentlich gerne lassen würde. Und eventuell, wenn Ihr zwei, drei Mitarbeiter hättet, würdet Ihr diese Aufgabe auch tatsächlich nicht mehr selbst machen. Im Moment seid Ihr aber alleine unterwegs und die Aufgabe muss (ups! Da ist es wieder!) erledigt werden. Wenn sie ohnehin zu erledigen ist, kann ich das auch neutral oder positiv formulieren. Eine solche Formulierung unterstreicht, dass es meine Entscheidung ist, wie ich meine Zeit nutze, und dass ich es aktiv in der Hand habe, was ich da tue. Ich bin nicht Opfer der Entscheidungen Anderer oder fremdbestimmt. Und das ist ein gutes Gefühl!
Ja, klar, natürlich MUSS ich die Vorsteuer- und Steuerklärung abgeben. Da zwingt mich nun wirklich jemand und es gibt richtig Probleme (und kostet Geld), wenn ich das nicht mache. Aber: Es ist Teil meiner Entscheidung, selbständig zu sein, über die ich sehr glücklich bin. Darum „mache“ ich meine Vorsteuer in Zukunft einfach. Ich „werde“ sie machen. Oder ich „will“ sie sogar machen, weil ich es dann weg habe. Nur müssen sage ich dazu nicht mehr.
Und ja, ich MUSS auch abwaschen, sonst riecht es irgendwann komisch und ich esse mit den Händen. Ich kann mich aber auch dafür entscheiden, mir eine Spülmaschine anzuschaffen, dann muss ich das nicht mehr.
Und sicher, einige von Euch müssen noch die Kinder vom Sport abholen. Und andere müssen mit dem Hund zum Tierarzt. Und mit dem Auto zur Inspektion.
Nur – es bringt ja nichts, meinem Gehirn dauernd zu vergegenwärtigen, dass ich so vielen Zwängen von außen unterworfen bin. Die Kinder gehören zu Eurem Leben (Gott sei Dank), der Hund auch und es ist auch wunderbar, ein Auto zu haben. Dazu gehören nun auch mal ein, zwei Dinge, die weniger Spaß machen. Also mache ich es einfach, ohne es zu müssen.
Probiert es mal aus: Verbannt die Formulierung „muss“ aus Eurem Wortschatz. Zu Beginn fällt das schwer und „Ich muss…“ flutscht noch über die Lippen. Unterbrecht Euch ganz bewusst und formuliert den Satz um, auch wenn Euer Gegenüber Euch eventuell etwas komisch anschaut. 🙂 Zu Beginn war bei mir sogar schon der ganze Satz raus, ehe ich es bemerkt habe, und ich habe exakt den gleichen Satz noch einmal ohne „muss“ wiederholt. Macht das laut, nicht nur gedanklich im Kopf! Das hilft Euch dabei, die Botschaft selbst eher zu glauben, als wenn Ihr es nur leise im Kopf sagt.
Ihr werdet nach einigen Tagen feststellen, dass Ihr eine ganz andere Haltung zu Euren Aufgaben habt. Und vielleicht sogar eine gewisse Erleichterung empfindet. Denn die Art, wie Ihr Eure Aufgaben und Euer Leben in Worte fasst, macht etwas mit Euch und Eurem Selbstwertgefühl:
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden deine Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Taten.
Achte auf deine Taten, denn sie werden zu Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird zu deinem Schicksal.
Mark Twain bringt es verkürzt auf den Punkt:
Das, was jemand von sich selbst denkt, bestimmt sein Schicksal.
Also…?
Ihr müsst nichts.
Und könnt alles.