Aus: Der Wächter am Tor zum Zauberwald: von Alexa Mohl
„Ein Fragezeichen und ein Ausrufezeichen rutschten beim Umfallen eines Bücherstapels aus ihrem Text und marschierten, nachdem sie sich von der Rutschpartie erholt hatten, durch die Zeilen, um ihren angestammten Platz wieder zu finden.
„Da ist ein Platz für dich“, sagte das Ausrufezeichen. „Da steht ein WARUM.“- „Da will ich aber nicht hin“, antwortete das Fragezeichen. „Warum denn nicht?“ fragte das Ausrufezeichen. „Warum, warum, warum wohl“, fauchte das Fragezeichen. „Entschuldige bitte, ich wollte dir nicht auf die Nerven gehen. Ich wollte doch nur wissen, warum du da nicht hin willst.“ – „Das ist es ja gerade“, sagte das Fragezeichen.
„Ich habe schon oft in meinem Leben hinter einem WARUM gestanden. Und danach kamen meistens ganz empörte Sätze, die mich fast umgeblasen haben.“ – „Warum das denn?“ fragte das Ausrufezeichen verwundert. „Man wird doch noch fragen dürfen!“ – „Natürlich darf man fragen“, erwiderte das Fragezeichen. „Aber nicht WARUM. Du musst doch merken, dass Warum fragen die Leute auf die Palme bringen.“ – „OK“, sagte das Ausrufezeichen. „Das kann ich verstehen. Aber ich muss doch Fragen stellen, wenn ich die Gründe von etwas herausfinden will!“ – „Das ist richtig, aber nicht WARUM!“ [Zitat Ende]
Warum denn nicht? Oh, Entschuldigung…
Es stimmt tatsächlich und jeder kennt es aus eigener Erfahrung: Eine Warum-Frage kann einen schnell in einen Rechtfertigungszustand bringen. „Warum hast Du das gemacht?“ Vielleicht ist der Fragensteller tatsächlich nur an der Sachinformation interessiert und möchte schlichtweg die Gründe für Dein Handeln verstehen. Je nachdem, wie wir uns gerade fühlen, vielleicht auch ob der Fragensteller eine leicht „falsche“ Tonlage erwischt, kann die Frage als Vorwurf ankommen. Woran das liegt? Vielleicht eine Konditionierung aus der Kindheit. Das Unbehagen der (allermeisten) Erwachsenen auf die vielen Warum-Fragen – sei es ob der Quantität oder ob des Unvermögens zu antworten – kann keinem Kind entgehen. Oft kommen sogar Antworten wie „Frag nicht so viel“ oder „Das ist halt so.“ Sicherlich nicht befriedigend für dieses wissbegierige Alter.
Warum Fragen sind vergangenheitsorientiert. Für viele Menschen vertieft die Frage Warum den Problemzustand, anstatt das Denken für eine Lösung zu öffnen. Und da wollen wir ja – bei allen beratenden Tätigkeiten wie bspw. beim Hundetraining – hin: Zu einer Lösung. Und zwar zu einer Lösung, die zum Kunden passt und nicht zu einer, die wir ihm überstülpen.
Aber – wie soll ich denn fragen, wenn ich die Gründe für etwas herausfinden möchte, ohne das Wort Warum?
Probiert mal das Wort Wozu. Die Frage „Wozu hast Du das gemacht?“ suggeriert, dass mein Gegenüber vermutet, dass ich einen guten Grund für mein Handeln hatte und dass er sich wirklich dafür interessiert. Die Wozu-Frage blickt in die Zukunft, zu den vielen Optionen, die da möglich sind. Bei vielen Menschen löst eine Wozu-Frage eine offene und entspannte Haltung aus.
Wenn ein Kunde also im Erstgespräch erzählt, dass er seinen Hund an der Leine zurückreißt, wenn er auf andere Hunde zustürzt, kannst Du fragen: „Warum machen Sie das?“ Und Du fragst es vielleicht, um sein Ziel dahinter herauszufinden, um den Kunden zu verstehen. Der Kunde könnte sich dadurch jedoch unter Rechtfertigungsdruck sehen (denn sicherlich ist er über sein Handeln selbst auch nicht glücklich, sonst stände er ja nicht vor Dir).
Statt Warum kannst Du fragen:
- Wozu machen Sie das?
- Was ist Ihr Ziel dabei?
Während Warum oft als beurteilend empfunden wird, zeugen diese Fragen nach offenem Interesse, nach „Verstehen Wollen“. Probiert es mal aus.
Eignet sich übrigens auch hervorragend in privaten (Konflikt)Gesprächen – sofern man in dem Moment noch so weit denken kann. 😉